ERWAGUS: Einrichtung muss gestärkt – nicht ausgebremst werden

Seit genau 30 Jahren steht das Projekt ERWAGUS im Landkreis Rottal-Inn für eine Idee, die heute immer noch aktuell ist: nachhaltiger Konsum, gelebte soziale Verantwortung und die Förderung von Menschen, die es am Arbeitsmarkt besonders schwer haben. Zum Jubiläum dieses besonderen Projekts, das im Juni des Jahres 1995 offiziell seinen Betrieb aufnahm, mahnt die Landtagsabgeordnete Mia Goller (Bündnis 90/Die Grünen) in einer Pressemitteilung eindringlich, getroffene Entscheidungen, die das Projekt betreffen, noch einmal zu überdenken.

«Die Entscheidung, im ERWAGUS-Verkaufsladen in Hebertsfelden-Linden keine Kleidung mehr anzunehmen oder zu verkaufen, ist nicht nachvollziehbar. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sich das Landratsamt heute auf eine Satzung bezieht, die dies angeblich nicht zulässt – sogar im offiziellen Flyer von ERWAGUS, der auch auf den Internetseiten der Landkreisverwaltung zu sehen ist, ist Bekleidung Teil des Angebotes», so Goller.

Sie erinnert auch an die Anfänge des Projektes: über Jahre hinweg habe es den Namen ‚ERWAGUS-FINUS‘ getragen. «FINUS stand dabei für den Teil des Projektes, in dem Frauen, die auf dem ersten Arbeitsmarkt Probleme hatten, gebrauchte Bekleidung aufarbeiteten für den Verkauf», so Goller. Über viele Jahre habe man diese Kleidung für wenig Geld kaufen können, ein Angebot, das in Zukunft wohl schmerzlich vermisst werden dürfte, davon ist die Abgeordnete überzeugt.

Die Argumentation, der Landkreis könne nicht Träger eines dauerhaften ‚verstetigten Flohmarktes‘ sein, wie dies von der Pressestelle des Landratsamtes geäußert wurde, sei rätselhaft: «Dann dürfte auch kein Geschirr oder Besteck, keine Bücher oder Bilder im Angebot sein – denn so etwas findet man üblicherweise auf dem Flohmarkt». Sie sei sich auch sicher, dass es niemals ‚Konkurrenz‘ zwischen den Kleiderläden des BRK und ERWAGUS gegeben habe, auch brauche es in den Läden mit dem Roten Kreuz keinen Berechtigungsschein für einen Einkauf. Gebrauchte Kleidung sei bei ERWAGUS ein Herzstück des Angebots gewesen. Sollte die Satzung tatsächlich das Problem sein, wäre es angebracht die Satzung zu ändern und nicht das Angebot.

Dass künftig nur noch Kunden mit einem offiziellen Nachweis der Bedürftigkeit bei ERWAGUS einkaufen dürfen, sieht Mia Goller ebenfalls als falschen Weg: Schon die durchgeführten Änderungen bei den Öffnungs- und Annahmezeiten sorgen für Umsatzeinbußen. Wenn man jetzt noch weitere Hürden vor einen Einkauf bei ERWAGUS setzt, dann ist das für das Projekt schädlich und gefährlich.

«Diese Einschränkungen gefährden nicht nur das Konzept – sie untergraben auch die Akzeptanz bei der Bevölkerung», sagt Goller. Denn viele Kunden bei ERWAGUS waren und sind keine offiziell Bedürftigen, sondern Menschen mit wenig Geld oder solche, die ganz bewusst nachhaltig einkaufen wollen. Sie selbst habe seit Jahren immer wieder bei ERWAGUS eingekauft – aus Überzeugung und weil ihr der Austausch mit den Leuten dort wichtig ist: «Ich finde es gut, mit meinem Einkauf etwas Sinnvolles zu unterstützen – und genau diese Möglichkeit bietet ERWAGUS.» Wenn man den Kundenkreis jetzt künstlich begrenzt und ganze Warengruppen wie Kleidung ausschließt, werde die finanzielle Basis von ERWAGUS dünner und damit auch die Chance der Beschäftigten, den Weg zurück in den normalen Arbeitsmarkt zu finden.

Mia Goller appelliert an den Landkreis, die Entscheidung zur Einschränkung des Warenangebots und des Zugangs dringend zu überdenken. Nachhaltigkeit sei heute kein ‚grünes Schlagwort‘ mehr, sondern eine wirtschaftliche und soziale Notwendigkeit. «Wenn wir es ernst meinen mit Teilhabe und Ressourcenschonung, dann müssen Einrichtungen wie ERWAGUS gestärkt werden – nicht ausgebremst», so Goller in ihrer Pressemitteilung.

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Ein Kommentar

  1. Die Aktion,Kleidung,Kinderartikel,Elektrische Artikel und Bücher zu entfernen ist nicht nachvollziehbar und falsch.Dass diese Dinge vernichtet wurden eine Schande.Die Satzung sollte umgehend geändert werden.