Regierungskoalition schließt Strafbarkeitslücke nach Maskendeals von CSU-Abgeordneten
Bundestagsabgeordnete Marlene Schönberger (Bündnis 90/Die Grünen) zeigt sich in einer Pressemitteilung zufrieden mit den Beschlüssen:
«Während mit Ausbruch der COVID19-Pandemie in ganz Deutschland Beschäftigte in Pflegeheimen und Krankenhäusern verzweifelt versuchten, Schutzausrüstung zu beschaffen, haben der damalige Landtagsabgeordnete der CSU Alfred Sauter und der damalige
Stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Union Georg Nüßlein ihre Kontakte als Abgeordnete in Ministerien und Behörden genutzt, um den Verkauf von Schutzmasken zu vermitteln. Für diese Einflussnahme haben sie verabredungsgemäß hohe Honorare von den profitierenden Firmen
kassiert. Dennoch konnten die beiden CSU-Politiker dafür nicht strafrechtlich belangt werden. Das Oberlandesgericht München und der Bundesgerichtshof (BGH) mussten beide freisprechen, weil der
Tatbestand der Abgeordnetenbestechung in § 108e StGB bislang nur die Einflussnahme in den Gremien des Parlaments selbst erfasst, nicht aber die Nutzung der Stellung als Mandatsträger zur Kontaktanbahnung. Die hohen Provisionen durften Sauter und Nüsslein behalten. Der BGH wies in seinem Beschluss ausdrücklich darauf hin, dass der Justiz in solchen Fällen auch in Zukunft die Hände gebunden sind, wenn nicht der Gesetzgeber diese Strafbarkeitslücke schließt (BGH, Beschluss vom
05.07.022, StB 7-9/22, vgl. die Pressemitteilung des BGH vom 12.07.2022).»
«Diese Strafbarkeitslücke war schon vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) im Bundestag bekannt. Die Union hat in ihrer Zeit an der Bundesregierung aktiv verhindert, sie zu schließen. Stattdessen nur den Strafrahmen erhöht – aber an der Straflosigkeit von Abgeordneten nichts geändert, die ihr Mandat ausnutzen, um privat Kasse zu machen.»
«Die Koalition aus SPD, Bündnis 90 / DIE GRÜNEN und FDP hat diese Strafbarkeitslücke in dieser Woche geschlossen. Es muss unterbunden werden, dass Abgeordnete ihr Mandat und die daraus resultierenden
Kontakte, den Einfluss und die Reputation ausnutzen, um daraus Profit zu schlagen. In der Bevölkerung gibt es – zu recht – keinerlei Verständnis dafür, dass das ein Kavaliersdelikt bleiben soll. Nur so ist sichergestellt, dass ein solcher Mandatsmissbrauch in Zukunft effektiv durch die Staatsanwaltschaft verfolgt und aufgeklärt werden kann.»
Dass die Union hier aus ihren Skandalen gelernt und ernsthaft daran interessiert ist, einen solchen Mandatsmissbrauch abzustellen, muss man nach ihrem Abstimmungsverhalten bezweifeln.
Noch im Februar kommentierte der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der Union Thorsten Frei den Vorschlag der Koalitionsfraktionen für eine Strafbarkeit wie folgt: ‚Handlungsbedarf sehe ich jetzt in diesem Bereich nicht.‘
Auch in dieser Woche konnte sich die Union nicht dazu durchringen, für eine konsequente strafrechtliche Verfolgbarkeit zu stimmen. Sie hat sich enthalten.
Eine konsequente Absage an eine Amigokultur sind anders aus.
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